Wir, das heißt mein Mann Christoph und unsere Söhne Samuel (5 Jahre) und Jakob (2 Jahre) wollten uns einen Traum erfüllen. Vor der Einschulung von Samuel in einem halben Jahr Mexiko bereisen.
Wir buchten einen Gabelflug, am 01.11.00 nach Phönix/Arizona und am 28.04.01 von Cancun wieder zurück.
Wir beschlossen nur so viel Gepäck mitzunehmen wie wir (Erwachsenen) tragen können um noch ne Hand für unsere Kinder freizuhaben.
Beim Packen der beiden Rucksäcke war ich dann aber doch etwas beunruhigt, denn es mußte hinein:
– 4 Schlafsäcke
– 2 Moskitonetze
– Kleidung für uns vier (einschl. Fleece + Regenschutz)
– Reiseapotheke
– div. Kleinkram wie Wäscheleine, Reiseführer, Tagebuch
– Windeln
Und… es passte alles hinein!!
Da für Mexiko nur Impfempfehlungen gegeben werden haben wir uns, zu der Dreifachimpfung, noch gegen Hepatitis A/B impfen lassen. Beim Zusammenstellen der Reiseapotheke stand mir unsere Hausärztin und eine Heilpraktikerin zur Seite. Da kam dann ein ordentlicher Packen zusammen. Vorneweg – wir brauchten lediglich Pflaster und homöopathische Mittel ( gegen Fieber und Durchfall ). Wir schenkten die gesamte Reiseapotheke, am Ende unserer Reise, einem belgischen Arzt der in Chiapas bei „Ärzte ohne Grenzen“ mitarbeitete. Kinder sind manchmal krank und somit auch auf einer Reise. Die Magenverstimmungen und das Fieber haben wir, wie zu Hause auch, mit „Kügele“ und Zeit ausgesessen. Die Ängste und Befürchtungen unserer Mitmenschen waren somit alle widerlegt, mit Kindern zu reisen geht wunderbar. Schlimmer war es als mein Mann, nur ein Tag, krank war- zusammen mit Samuel. Da mußte ich Krankenpflegerin sein und mich gleichzeitig um einen quitsch vergnügten 2-jährigen kümmern. Was war ich froh, daß es Christoph am nächsten Tag wieder besser ging. So konnte einer von uns mit dem gesunden Kind losziehen.
Wir entschieden uns mit öffentlichen Verkehrsmittel durch das Land zu reisen. Das heißt mit Bussen – was problemlos war. Wenn man ein Ziel hat kommt man dahin – wenn auch manchmal Geduld haben angesagt war. Und die hatten wir. In Guaymas stieg ich ein paar Minuten nach meiner Familie aus dem Bus und wunderte mich wo sie sind. Da sah ich mehrere Frauen die sich über „etwas“ beugten. Dieses „etwas“ waren meine 2 blonden-blauäugigen Kinder und mein ebenfalls blonder Mann. Das sollte uns auf der ganzen Reise begleiten: ungläubiges Staunen dass es solch blonde Kinder gibt. Die Kinder trugen die Blicke und Liebkosungen mit Fassung, Jakob hielt sich ab und zu die Hand vor die Augen, denn er wußte ziemlich schnell wie die Mexikaner reagierten wenn sie erst seine „ojos azules“ erblickten. Von Guaymas, einer wunderbar lebendigen Hafenstadt, ging es mit der Fähre nach St. Rosalia auf Baja California. Die Zeit in Baja war die Zeit der Eingewöhnung, an das Klima – die Menschen – die Kultur – den anderen Lebensrythmus – das Essen und an die Tatsache daß dies alles kein Traum war. Wir verbrachten wunderbare Tage an der Bahia Conception um dann weiter über Loreto nach La Paz zu fahren. Die zum Teil sehr langen Busfahrten waren kleine Auszeiten für uns. Samuel schaute aus dem Fenster und ließ die Landschaft an sich vorbeiziehen und wehrte sich gegen den Schlaf. „Wenn ich schlafe sehe ich doch nichts“. Jakob hingegen schlief nach spätestens einer halben Stunde ein und holte jedes Mal den, eigentlich noch nötigen, Mittagsschlaf der letzten Tage auf.
In einer neuen Stadt angekommen steuerten wir zuerst den Zocalo, das Herz einer jeden mexikanischen Stadt, an. Dort ließ ich mich mit den Kindern und dem Gepäck nieder und Christoph machte sich auf die Suche nach einem Zimmer. Hotels, Posadas oder einfach nur ein Zimmer – es war immer etwas zu finden. Auf dem Zocalo befriedigten wir erst einmal die Neugier der Menschen, indem ich Fragen bezügl. der Kinder und wo wir herkommen beantwortete oder wir einfach nur dasaßen und bestaunt wurden( die Kinder eben ). Am Schönsten war es wenn sich mex. Kinder an uns heranpirschten, die Schüchternheit auf beiden Seiten und auch die Unkompliziertheit wenn die erste Hürde getan war… sprachliche Barrieren gibt es bei ihnen nicht. Sie wußten sich immer zu verständigen und zum Spielen braucht es nicht so viele Worte. Samuel und Jakob verlangten auch nach keinem speziellen Kinderprogramm, sie fühlten sich überall wohl. Sie entwickelten eine große Phantasie was das Spielen und das nötige „Zubehör“ anging, selbst auf den Busbahnhöfen wurde ihnen selten langweilig. Und draußen in der Natur war ihr Glück vollkommen: Wasser, Stöcke, Steine und was es sonst noch alles gibt. Aber auch in den Städten, wo es wuselt wie bei uns auf dem Weihnachtsmarkt, entdeckten sie immer etwas was unseren Augen entging. Somit war der Tagesabschluß immer sehr spannend, 4 verschiedene Menschen mit 4 verschiedenen Wahrnehmungen. Und, mitnehmen kann man Kinder in Mexiko überall hin – sie stören nie.
Da wir keine geplante Route hatten entschied immer unser Gefühl wie lange wir in der jeweiligen Stadt waren. Manchmal war es nur eine Nacht und dann auch mal wieder 3 Wochen. Je länger wir an einem Ort waren, desto schwerer und tränenreicher war der Abschied. Hauptsächlich bei mir, die Kinder freuten sich auf Neuland. Am Pazifik in Michoacán wohnten wir bei einer Familie mit schon erwachsenen Kindern. Die wollten uns gar nicht mehr ziehen lassen, die Kinder weckten ihre großelterlichen Gefühle. Wir bewohnten ein Zimmer und konnten Küche und Bad mitbenutzen. Im Dorf freuten sie sich wenn Samuel y Jacobo auftauchten, bei soviel entgegengebrachter Liebe und Freude fällt der Abschied schwer.
Samuel, der etwas schüchtern ist, entwickelte ein ganz neues Selbstvertrauen, er sprach Leute an, fragte sie was dies oder jenes auf spanisch heißt und kam dann stolz zurück um sein neues Wissen mitzuteilen. Ich glaube es ist ein gutes Gefühl wenn man als 5-jähriger merkt, daß Mama und Papa auch nicht allwissend sind. Für Jakob war es etwas schwerer. Da er doch noch ziemlich klein war, war es für ihn schwieriger die ständigen Veränderungen zu verkraften. Er suchte sich einen konstanten Punkt – die Mama. Das hieß für mich daß ich ihm immer genau sagen mußte wo ich hingehe und auch *ganz ehrlich* wieder komme. Am Allerbesten war es für ihn wenn ich ihn mitnahm, was für mich gewöhnungsbedürftig war aber dann wunderbar klappte. In den Internetcafes war er der kleine Star und ich konnte in Ruhe meine Post lesen.
An der Grenze zu Nogales sagte ein Mexikaner, mit Blick auf die Kinder:“ You will have a nice time, yes you will have a nice time.“ Und so war es auch, die Kinder öffneten uns Türen die sonst verschlossen geblieben wären. Es war auch manchmal anstrengend, ein halbes Jahr auf engstem Raum zusammen, da wird die Beziehung geprüft… wir würden es wieder machen. Das was wir auf unserer Reise erlebt haben – die wunderschöne Natur, die netten Begegnungen, die Bekanntschaften die wir schlossen – das nimmt uns keiner. Wenn hier der Alltag über uns hinwegrollt und das graue Novemberwetter auf die Stimmung drückt dann ist es schön in die Erinnerung einzutauchen. Und eines ist sicher – wir gehen auf jeden Fall wieder nach Mexiko.